Schritte zum Gewahrsein – 16. So-Sein

Veröffentlicht am 21. Juni 2025 um 14:46

Dein Bewusstsein weitet sich. Es ist, als würdest du ein offenes Fenster sein, durch das alles hindurchzieht – ohne dass du dich verschließt oder etwas festhältst. Du beobachtest, was geschieht, ohne dich damit zu identifizieren. Das Bewusstsein ist klar, wach und präsent, fast wie ein stiller See, in dem sich die Welt spiegelt, ohne das Wasser zu trüben.

Je weiter sich dein Bewusstsein öffnet, desto mehr löst sich die Grenze zwischen dir und der Welt auf. Gedanken, Gefühle, Empfindungen und Geräusche ziehen vorbei wie Wolken am Himmel – sie kommen und gehen, ohne Spuren zu hinterlassen. Du bist nicht mehr derjenige, der festhält oder ablehnt, sondern der stille Zeuge, der alles willkommen heißt, was erscheint.

In diesem Zustand wird das Leben zu einem Fluss, der frei und natürlich dahin strömt. Es gibt kein Bedürfnis, etwas zu verändern oder zu kontrollieren. Alles darf sein, wie es ist. Freude und Traurigkeit, Licht und Schatten, Stille und Lärm – sie alle sind Teil des großen Spiels des Daseins, das sich in deinem Bewusstsein widerspiegelt.

Die Klarheit deines Geistes gleicht dem Wasser eines Bergsees am frühen Morgen: ruhig, durchsichtig, tief. Jede Bewegung, jedes Ereignis spiegelt sich wider, doch nichts bleibt haften. Die Oberfläche bleibt ungetrübt, weil du nicht eingreifst, sondern einfach nur bist.

Mit dieser Weite und Offenheit entsteht ein Gefühl von Freiheit und innerer Leichtigkeit. Du bist nicht länger gefangen in den Geschichten des Verstandes, sondern ruhst in einem Zustand von Akzeptanz und Gelassenheit. Das Leben entfaltet sich von Augenblick zu Augenblick, und du bist Zeuge dieses Wunders – gegenwärtig, offen und verbunden mit allem, was ist.

In dieser stillen Präsenz offenbart sich das Geheimnis des Seins: Das Leben ist nicht etwas, das du kontrollieren musst, sondern ein Mysterium, das du in seiner ganzen Tiefe erfahren darfst. Alles ist im Fluss, und du bist das offene Fenster, der klare See, das Bewusstsein, das alles umarmt und nichts ausschließt.

Praktischer Teil

Die folgenden fünf Übungen laden dich ein, das weite, offene Bewusstsein und das So-Sein, wie im Text beschrieben, aus verschiedenen Perspektiven zu erforschen. Jede Übung richtet den Fokus auf einen anderen Aspekt deines Erlebens: Wahrnehmen, Fühlen, Denken, Handeln und Reflektieren. Sie helfen dir, im Alltag präsenter zu werden, dich selbst besser kennenzulernen und einen Zustand innerer Klarheit und Gelassenheit zu kultivieren. Du kannst die Übungen einzeln ausprobieren oder als kleine Reihe nacheinander durchführen

1. Wahrnehmen: Die Fenster-Übung

Setze dich an ein Fenster (oder stelle dir eines vor). 

Schließe für einen Moment die Augen und öffne sie dann ganz bewusst. 

Nimm alles wahr, was durch dieses „Fenster“ zu dir kommt – Farben, Formen, Geräusche, Gerüche, Licht und Schatten. 

Erlaube allem, einfach da zu sein, ohne zu bewerten oder festzuhalten. 

Stelle dir vor, dein Geist ist wie dieses offene Fenster: Alles darf hindurchziehen, nichts bleibt haften.

2. Fühlen: Der stille See

Setze dich bequem hin und richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Körper. 

Spüre, welche Gefühle und Empfindungen gerade da sind – vielleicht Freude, Unruhe, Wärme, Kühle, Enge, Weite. 

Stelle dir vor, dein Inneres ist wie ein stiller See. 

Alle Gefühle spiegeln sich auf der Oberfläche, aber das Wasser bleibt klar und tief. 

Erlaube jedem Gefühl, sich zu zeigen, ohne es zu bekämpfen oder festzuhalten. 

Nimm wahr, wie sich Gefühle verändern, ohne dass du eingreifen musst.

3. Denken: Die Wolken am Himmel

Beobachte für ein paar Minuten deine Gedanken. 

Stelle dir vor, jeder Gedanke ist wie eine Wolke am Himmel deines Geistes. 

Wenn ein Gedanke auftaucht, benenne ihn leise („Planen“, „Erinnern“, „Bewerten“ usw.) und lasse ihn weiterziehen. 

Versuche, dich nicht mit den Gedanken zu identifizieren, sondern bleibe der Beobachter. 

Erkenne: Gedanken kommen und gehen – du bist der Himmel, nicht die Wolken.

4. Handeln: Müheloses Tun im Alltag

Wähle eine einfache Tätigkeit – z.B. Geschirr spülen, einen Spaziergang machen oder eine Pflanze gießen. 

Führe diese Handlung ganz bewusst, langsam und achtsam aus. 

Spüre jede Bewegung, jeden Kontakt, jede Handlung, ohne zu hetzen oder an das Ergebnis zu denken. 

Lass die Handlung aus einem Zustand des So-Seins entstehen, ohne Zwang oder Eile. 

Beobachte, wie sich das Handeln anfühlt, wenn du es nicht kontrollierst, sondern geschehen lässt.

5. Reflektieren: Das offene Tagebuch

Nimm dir am Ende des Tages ein paar Minuten Zeit, um zu reflektieren. 

Schreibe in ein Tagebuch (oder denke darüber nach): 

  • Was habe ich heute wahrgenommen, ohne zu bewerten? 
  • Welche Gefühle habe ich zugelassen? 
  • Welche Gedanken sind aufgetaucht und wieder gegangen? 
  • Wo habe ich mühelos gehandelt? 
  • Was habe ich über mich und das So-Sein gelernt? 

Lass die Reflexion offen und wertfrei – es geht nicht um richtig oder falsch, sondern um das Erkennen und Annehmen dessen, was ist.

Schlussbemerkung

Indem du diese Übungen regelmäßig praktizierst, entwickelst du einen liebevollen, offenen und annehmenden Umgang mit dir selbst und deiner Umwelt. Du lernst, das Leben mit all seinen Facetten zu beobachten, zu fühlen, zu denken, zu handeln und zu reflektieren – ohne dich zu verstricken oder zu bewerten. So entsteht Raum für Natürlichkeit und So-Sein: ein Zustand, in dem du dich selbst und die Welt einfach sein lassen kannst, wie sie sind. Das ist der erste Schritt zu mehr innerer Freiheit, Leichtigkeit und Lebensfreude.


„So-Sein“

Dieses Stück lädt dich ein, für einen Moment innezuhalten und dich von sanften Klängen in einen Zustand von Weite, Klarheit und innerer Ruhe führen zu lassen. Inspiriert vom Bild des offenen Fensters und des stillen Sees, spiegelt die Musik das Gefühl wider, alles vorbeiziehen zu lassen, ohne festzuhalten oder zu bewerten. Lass dich von harmonischen Melodien, fließenden Sounds und natürlichen Atmosphären begleiten – und entdecke, wie es sich anfühlt, einfach nur zu sein.

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